Pläne zur Erhöhung der Kreisumlage und die Folgen

Am 23. März 2022 wurden die amtsangehörigen Gemeinden vom Landkreis informiert, dass dieser einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr plant. Weil der Haushaltsplan eine deftige Erhöhung der Kreisumlage enthält, erhielten die Gemeinden die Möglichkeit, bis zum 8. April 2022, Stellung zu der Planung zu nehmen.

Zur Beteiligung der Kommunen, immerhin die Hauptfinanziers des Landkreis, musste die Verwaltung vor einigen Jahren gerichtlich gezwungen werden. Entsprechend halbherzig wird das Beteiligungsverfahren vom Landkreis gehandhabt. Eine qualifizierte Stellungnahme, unter Einbeziehung der Gemeindevertretungen, ist in zwei Wochen nicht zu leisten. Abgesehen vom Satzungsentwurf, stehen den Gemeinden auch keine Unterlagen zur Verfügung.

Aufgrund der Brisanz für die Gemeindehaushalte lehnten alle neun Bürgermeister, als gesetzliche Vertreter der Gemeinden, das Begehren des Landkreis zur Erhöhung der Kreisumlage ab.
Diese, gut zu begründenden Ablehnungen wurden der Kreisverwaltung fristgerecht zugestellt. Bekundet wurde darin auch der Wille der Gemeinden, alle Rechtsmittel zur Verhinderung der zusätzlichen Zahlungen auszuschöpfen. Die begehrten Zahlungen betragen für die amtsangehörigen Gemeinden rund 0,7 Millionen Euro, die zu den bisher für 2022 veranschlagten 5,6 Millionen Euro Kreisumlage hinzukommen.

Die Kreisumlage erreicht damit eine Höhe, die viele Kommunen aus eigenem Aufkommen nicht aufbringen können. Die amtsangehörigen Gemeinden haben für das Jahr 2022 rund 20,8 Millionen Euro Ausgaben geplant, von denen schon jetzt 2,5 Millionen Euro nicht durch Einnahmen gedeckt werden können. In einigen Gemeinden sind die Hälfte der Haushaltsaufwendungen Ausgaben für Verwaltung. Während die Kostensteigerungen für die ehrenamtliche Verwaltung und die Amtsumlage moderat geblieben sind, holt sich der Landkreis, was er kriegen kann.

Mit der Kreisumlage finanzieren die Landkreise den größten Teil ihrer Ausgaben. Erhoben wird diese von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Sie setzt sich zusammen aus der Grundlage, multipliziert mit dem Hebesatz. Die Grundlage wird jährlich durch die Landesregierung berechnet und festgesetzt. Die Hebesätze legen die Landkreise selbst fest. Eine Deckelung oder andere Instrumente zur Berücksichtigung von Interessen der Kommunen sind nicht vorgesehen.
In der Kommunalverfassung steht im § 88, Absatz 2, zum Wesen der Landkreise:

Die Landkreise sorgen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben für eine bürgernahe Verwaltung zum Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner sowie der kreisangehörigen Gemeinden nach den Grundsätzen der kommunalen Selbstverwaltung. Sie unterstützen die Gemeinden in der Erfüllung ihrer Aufgaben und tragen zum Ausgleich ihrer Lasten bei.

Von den Autoren der Kommunalverfassung war das nicht einmal zynisch gemeint. Sie glaubten wohl ernsthaft an eine freiwillige Selbstbeschränkung bei den Kreisverwaltungen.

Wegen fehlender Unterlagen für eine echte Beteiligung, können wir nur Vermuten, dass zur Finanzierung des Haushaltsentwurfes, der § 91 der Kommunalverfassung nicht hinreichend ausgeschöpft wurde. Dort steht im Absatz 2:

Werden Landkreise durch das Land zur Erfüllung von Aufgaben nach § 89 Absatz 4 verpflichtet oder werden ihnen durch das Land Aufgaben nach § 90 Absatz 1 übertragen, so ist dabei gleichzeitig über die Deckung der Kosten zu entscheiden. Führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Landkreise, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Kostenfolgeabschätzungen sind unter Beteiligung der kommunalen Verbände vorzunehmen. Der finanzielle Ausgleich ist zeitgleich mit der Aufgabenübertragung zu gewähren. Dieser ist in der Rechtsvorschrift zu regeln, die die Aufgabenübertragung anordnet, oder zeitnah im Finanzausgleichsgesetz zu regeln.

Im Besonderen ist damit die Finanzierung der Kinderbetreuungskosten gemeint. Bundes- und Landesgesetze dazu ziehen immense Kostensteigerungen nach sich, die direkt oder indirekt (über die Kreisumlage) die Gemeinden belasten. Für 2022 wurden den amtsangehörigen Gemeinden 3,1 Millionen Euro für die Planung von Kinderbetreuungskosten auferlegt, also mit 15 Prozent der Gesamtausgaben keine vernachlässigbare Summe. Der bequeme Weg einer Umlagenerhöhung sollte die Kreisverwaltung nicht dazu verleiten, einer Konfrontation mit der Landes- oder Bundesregierung aus dem Weg zu gehen.
Gleichfalls nur zu vermuten ist Einsparungspotential bei freiwilligen Ausgaben des Landkreises. Die Lage für unsere Gemeinden ist ernst. Da sollte sich auch der Landkreis weitestgehend auf seine Kernkompetenzen beschränken.

Die kommunale Selbstverwaltung ist in Artikel 28 des Grundgesetzes geschützt. Die offensichtlich zu Lasten der Kommunen eskalierende Bürokratie ist auf dem besten Weg, die kommunale Selbstverwaltung zur Farce zu degradieren. Auf bis zu dreiviertel ihrer Haushaltsausgaben haben die amtsangehörigen Gemeinden keinen Einfluss. Schon jetzt stellen sich gewählte Volksvertreter die Frage, ob ihr Mandat überhaupt noch Sinn hat. Lediglich der Geldbeschaffung einer überbordenden Bürokratie zu dienen, ist den meisten zu wenig.

Für die Auswirkungen dieser, vom Landkreis auf die Spitze getriebenen Politik, gibt es viele Veröffentlichungen, auf die hier allgemein verwiesen werden soll. Eine erschöpfende Darstellung des Problems würde Bücher füllen.
Wir appellieren an die Kreistagsabgeordneten, genau abzuwägen, ob das Begehren der Kreisverwaltung angemessen und mit der Kommunalverfassung zu vereinbaren ist. Im Zweifel fragen Sie ihre Bürgermeister.

Ulf Lübs
Amtsvorsteher